Essentielle Aminosäuren und Fettsäuren: Warum sie für Hunde und Katzen so wichtig sind

Woran erkennst du, ob ein Futter wirklich alle Nährstoffe enthält, die dein Hund oder deine Katze braucht? Beim Hundefutter und Katzenfutter kommt es nicht nur auf die Menge an Eiweiß oder Fett an, sondern vor allem auf die Bausteine, die im Futter enthalten sind – und ob dein Tier diese selbst herstellen kann. Ein Mangel an bestimmten Nährstoffen kann schnell zu gesundheitlichen Problemen führen.

In diesem Artikel erklären wir, was essentielle Aminosäuren und Fettsäuren sind, warum sie für den Körper unverzichtbar sind, und warum es so wichtig ist, dass sie in der richtigen Form und Menge im Futter vorkommen. Du musst kein Experte sein – wir führen dich Schritt für Schritt durch die Grundlagen und geben dir praktische Tipps für die Auswahl des richtigen Futters.

Was sind essentielle Eiweiße?

Genauer gesagt geht es nicht um „essentielle Eiweiße“, sondern um essentielle Aminosäuren. Aminosäuren sind die Bausteine, aus denen Eiweiße bestehen. Ein Eiweiß ist eine lange Kette aus Aminosäuren. Einige davon kann der Körper selbst bilden, andere müssen über die Nahrung aufgenommen werden.1

Hunde und Katzen unterscheiden sich in mehreren physiologischen und ernährungsbedingten Aspekten.2 Laut NRC gelten die folgenden Aminosäuren als essentielle für Hunde und Katzen:1

Die Angabe „Rohprotein“ auf dem Etikett zeigt an, wie viel Eiweiß bzw. Aminosäureketten im Futter enthalten sind. Diese Zahl sagt aber nichts darüber aus, welche Aminosäuren enthalten sind. Das ist entscheidend, denn fehlt auch nur eine essentielle Aminosäure oder ist sie in zu geringer Menge vorhanden, kann der Körper viele der enthaltenen Proteine nicht effektiv nutzen.1 Deshalb ist die Zusammensetzung des Futters in Bezug auf die Bedürfnisse von Hund oder Katze besonders wichtig.

Ein Eiweiß ist eine lange Kette aus Aminosäuren.
  • Arginin – wichtig für die Ausscheidung von Ammoniak und die Bildung von Stickstoffmonoxid. Bei Katzen kann ein Mangel schon nach einer einzigen argininfreien Mahlzeit zu schweren Symptomen wie Erbrechen, Koordinationsstörungen oder Koma führen.3
  • Histidin – beteiligt an der Bildung von Histamin, wichtig für das Immunsystem und die Magensäureproduktion.
  • Isoleucin – unterstützt Muskelregeneration und Energiehaushalt.
  • Leucin – wichtig für Muskelaufbau, Wundheilung und Blutzuckerregulation.
  • Lysin – notwendig für die Bildung von Proteinen, Hormonen und Enzymen.
  • Methionin – liefert Schwefel für andere Verbindungen, unterstützt Leberfunktion und Hautgesundheit.
  • Phenylalanin – Vorstufe für Neurotransmitter wie Dopamin und Adrenalin.
  • Threonin – trägt zur Schleimproduktion im Darm und zur Funktion des Nervensystems bei.
  • Tryptophan – Vorläufer von Serotonin, wichtig für Stimmung, Appetit und Schlaf.
  • Valin – notwendig für Muskelstoffwechsel, Regeneration und Energiegewinnung.
  • Taurin (für Katzen und bestimmte Hunderassen) – unverzichtbar für Herzfunktion, Netzhautgesundheit, Fortpflanzung und Immunsystem. Katzen können Taurin aufgrund eines fehlenden Enzyms (Cysteinsulfinsäuredecarboxylase) nicht selbst herstellen.2 Ein Mangel führt zu Blindheit, Herzproblemen und eingeschränkter Fruchtbarkeit.1 Die meisten Hunderassen können Taurin aus Cystein (welches wiederum aus Methionin gebildet wird) selbst synthetisieren.4 Bestimmte Rassen wie Golden Retriever5, American Cocker Spaniel6 und ein kleiner Teil (1,3–2,5 %) der Neufundländer7 sind jedoch genetisch anfälliger für Taurinmangel – vermutlich aufgrund bestimmter Genmutationen.

Gute Quellen für essentielle Aminosäuren sind Fleisch, Fisch, Eier und bestimmte Milchprodukte. Pflanzliche Eiweißquellen enthalten oft weniger oder schlechter verwertbare essentielle Aminosäuren. Daher ist die Qualität des Eiweißes mindestens genauso wichtig wie die Menge.1

Was sind essentielle Fette?

Auch bei Fetten kommt es auf bestimmte Bausteine an: die essentiellen Fettsäuren. Diese kann der Körper nicht selbst bilden, obwohl sie für viele Prozesse unerlässlich sind – z. B. für Zellmembranen oder bei Entzündungsreaktionen.1

Laut NRC sind die folgenden Fettsäuren essentiell:1

  • Linolsäure (Omega-6) – wichtig für Hautgesundheit, Wundheilung und Entzündungsregulation.
  • Alpha-Linolensäure (Omega-3) – wirkt entzündungshemmend und unterstützt Immunsystem, Gehirn und Herz.

Katzen benötigen zusätzlich:

  • Arachidonsäure (Omega-6) – unverzichtbar für Fruchtbarkeit, Nierenfunktion, Blutgerinnung und Entzündungsreaktionen. Katzen können sie nicht selbst aus Linolsäure bilden.8 Darum muss sie im Futter enthalten sein.

Auch hier zeigt sich: Katzen haben höhere Anforderungen als Hunde. Sie brauchen tierische Fette, in denen Arachidonsäure bereits enthalten ist.1

Ein Mangel an essentiellen Fettsäuren kann sich äußern in stumpfem Fell, Juckreiz, Schuppen oder Wachstumsstörungen bei Jungtieren.1 Ein Ungleichgewicht (z. B. zu viel Omega-6 im Verhältnis zu Omega-3) kann zudem Entzündungen fördern.

Gibt es auch nicht-essentielle Eiweiße und Fette?

Ja! Insgesamt sind 20 Aminosäuren am Eiweißaufbau beteiligt. Sie alle sind wichtig, aber nicht alle müssen zwingend über das Futter zugeführt werden. Nicht-essentielle Aminosäuren kann der Körper selbst herstellen – aber nur, wenn die nötigen Bausteine bereits vorhanden sind.

  • Nicht-essentielle Aminosäuren wie Alanin oder Glutamin werden im Körper aus anderen Aminosäuren, Stickstoff- oder Kohlenstoffverbindungen gebildet. Die meisten Hunderassen können Methionin in Cystein und dieses wiederum in Hypotaurin und schließlich in Taurin umwandeln.4 Sie brauchen also kein Taurin im Futter, solange genug Methionin vorhanden ist. Katzen (und bestimmte Hunderassen) fehlt ein Enzym, um diesen Prozess abzuschließen.
  • Nicht-essentielle Fettsäuren wie Ölsäure (Omega-9) sind ebenfalls wichtig für Energie und Zellstruktur, müssen aber nicht zwingend im Futter enthalten sein.

Bei gesunden Tieren mit ausgewogener Ernährung reicht die körpereigene Produktion normalerweise aus. In bestimmten Situationen (z. B. bei Krankheit, Stress oder Wachstum) kann der Bedarf jedoch steigen.

Wie viel von diesen Nährstoffen braucht mein Tier?

Jetzt wissen wir, welche Nährstoffe essentiell sind – aber wie viel davon braucht dein Tier? Die FEDIAF (europäischer Verband der Heimtiernahrungsindustrie) legt praktische Richtwerte für kommerzielles Tierfutter fest.9 Nur wenn ein Futter diesen Anforderungen entspricht, darf es als „Alleinfutter“ verkauft werden.

Die Empfehlungen unterscheiden sich je nach Lebensphase und werden meist angegeben:

  • pro 100 g Trockensubstanz (DM)
  • oder pro Megajoule umsetzbare Energie (MJ ME)

FEDIAF unterscheidet zwischen:

  • Erwachsene Tiere (Erhaltungsbedarf)
  • Jungtiere (Wachstum)
  • Tragende und säugende Hündinnen/Kätzinnen

Beispiele:

  • Taurin (für Katzen):
    • mind. 1000 mg/kg DM bei Trockenfutter
    • mind. 2000 mg/kg DM bei Nassfutter
  • Linolsäure (für Hunde):
    • mind. 1,3 g/100 g DM (Erhaltungsbedarf)

Wenn ein Futter diesen Mindestmengen entspricht, darf es als vollständig gelten. Ansonsten handelt es sich um ein Ergänzungsfutter, das nicht als alleinige Mahlzeit geeignet ist.

Wie hilft dir dieses Wissen bei der Auswahl?

Mit diesem Wissen verstehst du besser, was mit der „Qualität“ von Nährstoffen gemeint ist. Es geht nicht nur um Mengenangaben, sondern vor allem um die Art der Amino- und Fettsäuren und ihre Verwertbarkeit.

Futter mit tierischen Zutaten gilt häufig als „besser“ – und das hat gute Gründe: Fleisch, Fisch und Eier liefern ein vollständigeres und besser verwertbares Aminosäuren- und Fettsäurenprofil. Dadurch eignen sie sich eher, den vollständigen Bedarf deines Tieres zu decken.

Futter mit nur einer Eiweißquelle – z. B. ausschließlich Rind oder Mais – kann Mängel aufweisen, wenn diese Quelle nicht alle essentiellen Aminosäuren enthält. Das betrifft besonders pflanzliche Eiweiße. Wenn dann keine Ergänzungen enthalten sind, kann es zu Mangelerscheinungen kommen.

Das gilt auch für vegetarisches oder veganes Hundefutter. Theoretisch lässt sich pflanzliches Futter mit synthetischen Aminosäuren und Fettsäuren ergänzen, um es vollständig zu machen. In der Praxis erfordert das jedoch viel Fachwissen und Kontrolle. Für Katzen ist vegane Ernährung nicht empfehlenswert, da sie einige Nährstoffe aus pflanzlichen Quellen nicht effektiv verwerten können (z. B. Taurin oder Arachidonsäure).

Fazit: Wenn du auf Inhaltsstoffe und Nährwerte achtest, kannst du besser beurteilen, ob ein Futter wirklich komplett ist. Deshalb bewerten wir Futtermittel nicht nur nach Rohprotein- oder Fettgehalt, sondern auch nach Herkunft und Qualität der Zutaten. In unseren Futterlisten für Hunde- und Katzenfutter findest du detaillierte Bewertungen pro Marke und Produkt.

Zusammenfassung

Essentielle Aminosäuren und Fettsäuren sind Nährstoffe, die Hunde und Katzen nicht selbst herstellen können. Sie sind wichtig für Muskeln, Immunsystem, Fruchtbarkeit und Zellen. Ein Mangel kann ernsthafte Folgen haben. Tierische Zutaten liefern die richtigen Bausteine oft in optimaler Form. In diesem Artikel zeigen wir, welche Stoffe wichtig sind, wie sie sich zwischen Hund und Katze unterscheiden und worauf du beim Etikett achten solltest. Auf Futterrat.de findest du ausführliche Futterlisten mit Bewertungen zu Nährwert und Zusammensetzung.

Quellen

  1. National Research Council (US) Ad Hoc Committee on Dog and Cat Nutrition. Nutrient Requirements of Dogs and Cats. Washington, DC: National Academies Press; 2006. doi:10.17226/10668 ↩︎
  2. Legrand-Defretin V. Differences between cats and dogs: A nutritional view. Proc Nutr Soc. 1994;53:15–24. ↩︎
  3. Li P, Wu G. Characteristics of Nutrition and Metabolism in Dogs and Cats. In: Wu G, ed. Nutrition and Metabolism of Dogs and Cats. Vol 1446. Cham: Springer; 2024:55–75. doi:10.1007/978-3-031-54192-6_4 ↩︎
  4. Jacobsen JG, Smith LH. Biochemistry and physiology of taurine and taurine derivatives. Physiol Rev. 1968;48(2):424-511. doi:10.1152/physrev.1968.48.2.424 ↩︎
  5. Kaplan JL, Stern JA, Fascetti AJ, et al. Taurine deficiency and dilated cardiomyopathy in golden retrievers fed commercial diets. PLoS One. 2018;13(12):e0209112. ↩︎
  6. Kittleson MD, Keene B, Pion PD, Loyer CG. Results of the multicenter spaniel trial (abstract). J Vet Intern Med. 1997;11:204. ↩︎
  7. Backus RC, Ko KS, Fascetti AJ, et al. Low plasma taurine concentration in Newfoundland dogs is associated with low concentrations of sulfur amino acids. J Nutr. 2006;136(10):2525–2533. ↩︎
  8. Morris JG. Do cats need arachidonic acid in the diet for reproduction? Comp Nutr Soc. 2002;4:65–69. ↩︎
  9. FEDIAF. Nutritional Guidelines for Complete and Complementary Pet Food for Cats and Dogs. Brussels, Belgium: The European Pet Food Industry Federation; 2024. ↩︎


Comments

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert