Vegane Ernährung wird immer beliebter. Nicht nur bei Menschen, sondern auch im Napf von Hunden und Katzen. Immer mehr Marken bringen pflanzliches Futter auf den Markt, oft mit grünen Versprechen und nachhaltigem Etikett. Klingt gut, aber bleibt dein Tier damit auch wirklich gesund?
Für Menschen ist eine vegane Ernährung oft eine bewusste Entscheidung, zum Beispiel der Umwelt zuliebe. Tatsächlich verursacht veganes Hundefutter bis zu 37 Prozent weniger Treibhausgase. Gleichzeitig braucht es aber mehr Anbaufläche und erhöht das Risiko für Wasserverschmutzung.1
Bei Tieren zählt vor allem eines: Bekommt das Tier mit dem Futter wirklich alles, was es braucht? In diesem Artikel schauen wir uns die wissenschaftlichen Fakten hinter veganem Futter für Hunde und Katzen an. Keine Werbung, nur Wissen.
Was bedeutet „vollständig“ überhaupt?
Ein vollständiges Futter enthält alle Nährstoffe, die dein Tier täglich braucht, um gesund zu bleiben. Das geht weit über Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate hinaus. Es geht auch um Vitamine, Mineralstoffe, lebenswichtige Aminosäuren (zum Beispiel Taurin, Methionin, Lysin und Arginin) und Fettsäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann.
Ob ein Futter wirklich vollständig ist, wird von offiziellen Organisationen bewertet:
- FEDIAF – maßgeblich in Europa
- AAFCO – in Nordamerika häufig genutzt
Diese Richtlinien legen genau fest, welche Nährstoffe in welcher Menge im Futter enthalten sein müssen, abhängig von Tierart und Lebensphase (zum Beispiel Wachstum oder Erhaltung im Erwachsenenalter).
Wichtig ist nicht nur, was im Futter steckt, sondern auch wie viel das Tier davon täglich frisst. Denn Hund und Katze essen keine Zahlen auf einem Etikett, sondern echtes Futter. Hat das Futter wenig Kalorien, frisst das Tier auch weniger – und bekommt womöglich nicht genug Nährstoffe, selbst wenn die Werte auf dem Etikett gut aussehen.
Besonders wichtig sind die lebensnotwendigen Aminosäuren. Sie sind Bausteine für Gewebe, Immunsystem und Energiehaushalt. Fehlt auch nur eine davon, kann der Körper seine Aufgaben nicht richtig erfüllen. Das Problem: Man sieht es dem Etikett oft nicht an. Ein Futter kann vollständig wirken, aber trotzdem Mängel verursachen, wenn die Mengenverhältnisse nicht stimmen.
Haustiere fressen meist jeden Tag dasselbe. Wenn im Futter etwas fehlt, baut sich der Mangel langsam auf. Das zeigt sich nicht sofort, kann aber langfristig große Folgen haben. Ein vollständiges Futter muss also nicht nur theoretisch stimmen, sondern auch in der Praxis zum Fressverhalten des Tieres passen.
Veganes Katzenfutter: die größte Herausforderung
Katzen sind nicht wählerisch im Verhalten, aber in ihrer Biologie. Sie sind echte Fleischfresser und brauchen Stoffe, die nur in tierischen Produkten vorkommen. Dazu gehören Taurin, Arachidonsäure, Vitamin A und D3.
Genau hier liegt das Problem bei veganem Katzenfutter. In Kanada erfüllte nur ein einziges getestetes Produkt alle AAFCO- oder FEDIAF-Kriterien.2 Auch in Deutschland fielen alle getesteten Produkte durch.3
Was fehlt häufig?
- Taurin, wichtig für Herz und Augen
- Methionin und Cystin, Bausteine von Eiweiß
- Allgemein zu wenig Eiweiß, vor allem bei stärkehaltigem Futter
- Arginin, nötig für den Abbau von Abfallstoffen
- Ungleichgewicht zwischen Kalzium und Phosphor
- Vitamin D3, oft ersetzt durch das weniger wirksame D2
In brasilianischen Produkten wurden teils extrem hohe Mengen Kupfer und Zink gefunden.4
Bei Katzen, die wenig fressen – zum Beispiel ältere oder sterilisierte Tiere – wird das Problem noch größer. Sie nehmen noch weniger Nährstoffe auf, und dann reichen auch scheinbar vollständige Futtermittel nicht mehr aus.4
Veganes Hundefutter: mehr Spielraum, aber keine Sicherheit
Hunde sind keine reinen Fleischfresser. Sie können pflanzliche Nahrung gut verwerten und brauchen weniger spezielle tierische Nährstoffe als Katzen. Das gibt etwas Spielraum.
Trotzdem gibt es auch hier viele Probleme. In einer deutschen Studie erfüllte kein einziges veganes Hundefutter alle Vorgaben.3 In Kanada erfüllten vier Produkte die AAFCO-Richtlinien, aber nur eines die FEDIAF-Kriterien.2
Typische Mängel waren:
- Methionin
- Kalzium und Phosphor
- Kalium und Natrium
- Zink und Kupfer
- Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA), die normalerweise aus Fisch stammen
Auch in Brasilien fielen vier Produkte bei der Analyse durch.4
Selbst wenn die Zutaten gut aussehen, ist es schwer, ein wirklich ausgewogenes veganes Hundefutter zu entwickeln. Ein Grund: Pflanzliches Eiweiß wird schlechter aufgenommen als tierisches.5
Außerdem verändert sich die Darmflora. Bei Hunden mit veganer Ernährung nahm die Zahl bestimmter Bakterien wie Fusobacterium und Bacteroides ab. Auch die Vielfalt der Darmbakterien wurde geringer.6 Was das langfristig bedeutet, wissen wir noch nicht genau.
Zu viel und zu wenig: Überraschungen auf dem Etikett
Nicht nur Mängel, auch Überdosierungen können schaden. In Brasilien enthielten manche Futtermittel extrem viel Kupfer und Zink.4
Ein Katzenfutter enthielt achtmal so viel Zink wie erlaubt. Und mehr als das Zehnfache an Kupfer. Solche Mengen können auf Dauer schädlich sein, besonders bei empfindlichen Tieren.
Und dann das Etikett selbst: Was auf der Verpackung steht, stimmt oft nicht mit dem überein, was im Labor gemessen wird.2,3
Manche Nährstoffe fehlen komplett, obwohl sie angegeben sind. Oder die Mengen stimmen nicht. Und manchmal fehlen wichtige Angaben ganz.
In einer Analyse angeblich veganer Produkte wurden in der Hälfte tierische Rückstände gefunden – zum Beispiel DNA von Rind, Schwein oder Schaf. Wahrscheinlich stammt das von Verunreinigungen bei der Herstellung.7 Für Halterinnen und Halter, die bewusst pflanzlich füttern wollen, ist das natürlich enttäuschend.
Was kannst du als Halterin oder Halter tun?
Veganes Futter klingt gut. Es ist freundlich zu Umwelt und Tieren. Aber es muss auch gut für dein eigenes Tier sein. Und dafür braucht es einen kritischen Blick.
Worauf solltest du achten?
- Wähle ein Futter, das nachweislich den AAFCO- oder FEDIAF-Richtlinien entspricht
- Katzen sind anfälliger für Mängel als Hunde
- Achte darauf, wie viel dein Tier tatsächlich frisst
- Ziehe eine tierärztliche Beratung in Betracht, wenn du langfristig vegan füttern willst
- Und ganz wichtig: Erfinde keine eigenen Rezepte. Studien zeigen, dass selbstgemachtes veganes Futter oft noch mehr Mängel aufweist, selbst mit Zusatzstoffen8
Sieh dir auch unsere Übersichten für veganes Hundefutter und veganes Katzenfutter mit zugesetztem Taurin an.
Fazit
Veganes Hundefutter kann funktionieren – wenn es durchdacht und ausgewogen ist. Doch die meisten Produkte sind das noch nicht. Für Katzen ist das Risiko noch größer.
Pflanzliche Fütterung darf keine Glückssache sein, sondern muss eine gut überlegte Entscheidung sein. Nur mit Wissen und Begleitung ist sie wirklich gut für dein Tier.
Quellen
- Jarosch L, Bach V, Finkbeiner M. A life cycle assessment of vegan dog food. Cleaner Environmental Systems. 2024;14:100216. doi:10.1016/j.cesys.2024.100216 ↩︎
- Dodd SAS, Grant C, Abood SK, Verbrugghe A. Case Report: Application and Limitations of a Plant-Based Diet Formulated for a Cat With Feline Lower Urinary Tract Disease. Front Vet Sci. 2021;8:658265. doi:10.3389/fvets.2021.658265 ↩︎
- Starzonek J, von Lindeiner L, Vervuert I. Assessment of vegan complete diets for dogs and cats available in Germany. Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere. 2021;49(4):262-271. doi:10.1055/a-1552-2220 ↩︎
- Zafalon RVA, Risolia LW, Vendramini THA, et al. Nutritional inadequacies in commercial vegan foods for dogs and cats. PLoS One. 2020;15(1):e0227046. doi:10.1371/journal.pone.0227046 ↩︎
- Oberbauer AM, Larsen JA. Amino Acids in Dog Nutrition and Health. In: Wu G, ed. Amino Acids in Nutrition and Health: Amino Acids in the Nutrition of Companion, Zoo and Farm Animals. Springer International Publishing; 2021:199-216. doi:10.1007/978-3-030-54462-1_10 ↩︎
- Liversidge BD, Gomez DE, Dodd SAS, et al. Comparison of the fecal microbiota of adult healthy dogs fed a plant-based (vegan) or an animal-based diet. Front Microbiol. 2024;15:1367493. doi:10.3389/fmicb.2024.1367493 ↩︎
- Kanakubo K, Fascetti AJ, Larsen JA. Determination of mammalian deoxyribonucleic acid (DNA) in commercial vegetarian and vegan diets for dogs and cats. J Anim Physiol Anim Nutr (Berl). 2017;101(1):70-74. doi:10.1111/jpn.12506 ↩︎
- Pedrinelli V, Zafalon RVA, Rodrigues RBA, et al. Influence of number of ingredients, use of supplement and vegetarian or vegan preparation on the composition of homemade diets for dogs and cats. BMC Vet Res. 2021;17(1):358. doi:10.1186/s12917-021-03068-5 ↩︎
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